Stellungnahme des Vereins „Glasbrechen“ zum Prozess Frank G.

„Glasbrechen“, der Verein der Betroffenen sexualisierter Gewalt an der Odenwaldschule, ist entsetzt über die Entscheidung des Darmstädter Landgerichts vom 11. August, die Strafe für den pädosexuellen ehemaligen Mathematiklehrer Frank G. zu 12 Monate auf Bewährung zu reduzieren.

Das Amtsgericht Bensheim hatte G. im Februar dieses Jahres zu 14 Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt.

Die richterliche Entscheidung des Landgerichts Darmstadt ist umso unverständlicher, als der Angeklagte nicht nur den Besitz von über 100.000 Fotos und Videos mit eindeutig pädosexuellem Inhalt zugegeben hat. Wie Ermittlungen der Staatsanwaltschaft im Vorfeld zu der Verhandlung auch ergaben, ist der Lehrer G. ein Wiederholungstäter.

Schon mit 16 Jahren, so gab G. am Donnerstag im Verlauf der Verhandlung zu, habe er seine verbrecherisch-sexuelle Neigung entdeckt. Im Jahr 2000 gab es zwischenzeitlich nachweislich bereits einen Vorfall mit einem Jungen in Rottweil – leider ohne Verurteilung.  Der Versuch der Darmstädter Staatsanwaltschaft, diesen Fall im Licht der Vorkommnisse auf der Odenwaldschule neu aufzurollen, scheiterte aber.

Wie jeder andere Mitarbeiter der Odenwaldschule unterschrieb G. eine Selbstverpflichtung zum Thema Nähe und Distanz und Achtung von Grenzen gegenüber den Schülern der Odenwaldschule. Hätte er tatsächlich sein „Problem“ schon so gut erkannt, wie er es heute das Gericht glauben machen wollte, hätte er dieses Dokument nie unterschreiben dürfen. Statt dessen verschwieg er seine Neigung ebenso wie den Vorfall in Rottweil.

Allerdings soll er ehemaligen Kollegen an der Odenwaldschule gesagt haben, dass er kündigen werde, weil ihm die Nähe zu Kindern Probleme mache.

Offenbar fühlte sich keiner der Angesprochenen verpflichtet, diese Aussagen des Mathematiklehrers G. der Schulleitung oder den Aufsichtsbehörden zu melden.

Dass G. aufgrund seiner Behauptung, in Therapie zu sein, und weil es unmöglich war, ihm den Handel mit kinderpornographischen Material nachzuweisen, mit einer Bewährungsstrafe davonkommen konnte, hält „Glasbrechen“ angesichts aller vorgetragenen Tatsachen und Beweise für einen Skandal.

Die Produktion kinderpornographischen Materials ist immer auch mit physischer und psychischer Gewalt gegen Kinder verbunden. Wer solches Material besitzt und zur Befriedigung seines Triebs „konsumiert“, macht sich an diesen Gewaltakten mitschuldig.

Daran ändert auch nichts, dass G. in Zukunft nicht mehr als Lehrer, sondern als Briefträger arbeiten wird.

Einmal mehr hat das Urteil von Darmstadt das Wohl des Täters über das seiner Opfer gestellt.

Das es auch anders geht, hatte nur einen Tag vor dem Darmstädter Urteil der ehemalige Religionslehrer und Präfekt des katholischen Klosterinternats Ettal erfahren müssen. Er wurde wegen Kindesmissbrauchs in mehreren Fällen zu sieben Jahren Haft verurteilt.

Darüber hinaus hat die Glaubenskongregation des Vatikan den Täter aus dem Orden ausgeschlossen und dem 46-jährigen die Ausübung des Priesteramts untersagt.

Eine solche Entschlossenheit hätte sich „Glasbrechen“ im Fall des früheren Lehrers Frank G. auch vom Darmstädter Landesgericht  gewünscht.

 

Johannes von Dohnanyi
für den Vorstand von Glasbrechen e.V.

 

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