Am heutigen
Freitag, dem 22. Februar 2019, stellt das Sozialministerium des Landes Hessen
in der Hessischen Landespressekonferenz in Wiesbaden die Ergebnisse von zwei
wissenschaftlichen Forschungsprojekten zum sexuellen Missbrauch an der
Odenwaldschule/Oberhambach vor.
Um allen
Missverständnissen vorzubeugen: Wir freuen uns ausdrücklich über die heutige
Einladung von Adrian Koerfer auf das Podium der LPK. Adrian Koerfer war eines
der Gründungsmitglieder des Betroffenenvereins „Glasbrechen e.V.“ und bis vor
ein paar Jahren Mitglied des Vorstands.
Der aktuelle
Vereinsvorstand hingegen wird – und das auch nur nach massiven Protesten – nur
als „Gast ohne Fragerecht“ an der Veranstaltung teilnehmen dürfen.
Der Vorstand
von „Glasbrechen“ nimmt diese eigentlich selbstverständliche
Minimalentscheidung zur Kenntnis. Allerdings stellen wir mit Bedauern fest:
Einmal mehr
hat das Ministerium, das schon in der Vergangenheit nicht in der Lage war, die
Missstände an der Odenwaldschule rechtzeitig zu erkennen und zu beenden,
gegenüber den Betroffenen versagt. Einmal mehr reklamieren „die Politik“ und
ihre Behörden für sich die exklusive Deutungshoheit über die Ereignisse an der
Odenwaldschule.
Offenbar ist
es in den vergangenen neun Jahren nicht gelungen, den auf vielen – auch
politischen – Ebenen erlebten Widerstand gegen eine umfassende Aufklärung des
Skandals an der Odenwaldschule zu brechen.
Immer noch
fällt es „der Politik“ leichter, über die Ereignisse an der ehemaligen
Modellschule und ihre Opfer, als unmittelbar mit ihnen zu reden.
Und das
ausgerechnet in den Tagen, an denen Papst Franziskus zu einer medial stark
beachteten viertägigen Konferenz über den sich ausweitenden Missbrauchsskandal
in der Katholischen Kirche in den Vatikan geladen hat!
Bei dieser
Veranstaltung werden auch die Opfer sexualisierter Gewalt durch katholische
Geistliche zu Wort kommen.
Hintergrund:
Zwischen den 1970er
und den späten 1990er Jahren wurden an der reformpädagogischen Modellschule
Odenwaldschule nach unserer Kenntnis bis zu 500 Schüler sexuell missbraucht.
Als einer der Haupttäter gilt Gerold Becker, der damalige und 2010 verstorbene
Leiter sowie mehrere andere Lehrer des Internats.
Auch in der
Zeit danach und bis kurz vor ihrer Schliessung
im Jahr 2015 hat es mehrere Fälle pädo-sexueller
Gewalt an der Odenwaldschule gegeben.
Nicht einer
der Täter wurde rechtskräftig verurteilt. Einige von ihnen sind verstorben. In
den anderen Fällen waren die Verbrechen verjährt.
Möglich wurden
die heute vorgestellten Studien des Münchner Instituts für Praxisforschung und
Projektberatung (IPP) und von Prof. Jens Brachmann/Universität Rostock u.a.
auch nur Dank der
Auskunftsbereitschaft einiger Mitglieder des Betroffenenvereins „Glasbrechen
e.V.“ und vielen anderen unserer ehemaligen Mitschüler.
Vorstand von Glasbrechen e.V.
Sabine Pohle