Forderungen an die Politik anlässlich des 6. März 2011

Glasbrechen blickt über den Tellerrand der Odenwaldschule hinaus und fühlt unabhängig von Tatzeit und Tatort mit allen Betroffenen sexualisierter Gewalt. Deshalb hat Glasbrechen auch Forderungen an die Gesellschaft:

1) Glasbrechen fordert im Zusammenhang mit pädosexueller Gewalt an Kindern und Jugendlichen – wo auch immer sie geschieht – Verjährungsfristen (zivil- wie strafrechtlich), die ihnen eine wirksame Rechtsverfolgung ermöglichen, sobald sie dazu tatsächlich die Kraft und innere Möglichkeit haben.

Mord verjährt – erst seit den siebziger Jahren – als einzige Straftat nicht. Der pädosexuelle Missbrauch an Kindern allerdings lässt die Opfer wie die Täter weiterleben – die Täter in aller Regel ungestraft, die Opfer bestraft für ihr Leben. Die bestehenden Verjährungsregelungen verhindern eine gerichtliche Klärung.

2) Glasbrechen fordert größere und nachhaltigere Anstrengung durch Schaffung von Tatsachen seitens der Gesetzgeber, der zuständigen Behörden, sowie der von der Bundesregierung eingerichteten Gremien zur Prävention und Aufklärung der pädosexuellen Gewalt an Kindern und Schutzbefohlenen.

Glasbrechen setzt sich dafür ein, ein für die Tatbegehung ungünstiges Umfeld zu schaffen. Das erfordert, dass die Personen in diesem Umfeld früher und eher geneigt sind, einzugreifen. Das setzt zunächst voraus, dass es dem weiteren Umfeld erschwert wird, Druck auf Eingreifende auszuüben. Es setzt weiter voraus, dass ein Rahmen geschaffen wird, in dem geeignete Maßnahmen schnell so ergriffen werden, dass in jeder Richtung die Menschenwürde gewahrt wird. Bedenkt man, dass anfangs die Hinweise auf eine Tatgefahr diffus sein können, ist es auch nötig, einen Tatverdacht für potentielles Opfer und möglichen Täter schonend ausräumen zu können, wenn er nicht begründet ist. Am Ende soll so gut es geht gewährleistet sein, dass der Täter keine Gelegenheit erhält, auf potentielle Opfer zuzugreifen; und zwar zunächst bis zur Klärung der Umstände, sowie bei begründetem Verdacht bis auf Weiteres.

Glasbrechen spricht sich auch dafür aus, potentiellen Tätern die Möglichkeit zu geben, mit fachlich qualifizierter Anleitung zu lernen, wie sie nach Kräften vermeiden, Taten zu begehen. Sie sollten hierzu auch verpflichtet werden können.

Glasbrechen hält eine Verstärkung der Bemühungen für wesentlich, Kinder und Jugendliche zu „stärken“ und zu befähigen, sich Übergriffen zu widersetzen und die Täter laut zu benennen.

3) Das Strafrechtsystem ist Angeklagtenzentriert gestaltet. Das hat seine guten Gründe und fußt in der s.g. Unschuldsvermutung. Im Zivilprozess – meist auf Schadenersatz aber auch Unterlassung von Anschuldigungen gerichtet – sind Opfer Partei wie jede andere. Egal, wie man es dreht oder wendet, tragen die Verfahren ihrer oft fragilen Verfassung nicht zureichend Rechnung. Leicht werden sie unerträglichen Befragungsmethoden ausgesetzt oder  durch die Presse ins Licht der Öffentlichkeit gezerrt. Die Öffentlichkeit orientiert sich dabei leicht an spektakulären Verfahren, wie sie in Frankreich, Worms oder Mannheim stattfanden bzw. -finden, ohne die Vielzahl jener Fälle zu berücksichtigen, in denen sich der Tatverdacht bestätigte. Das Thema ist schwer angemessen zu bewältigen.

Gleichwohl fordert Glasbrechen nachdrücklich eine einfühlende, fürsorgliche Behandlung aller Opfer von pädokriminellen Tätern in jeder Art von Verfahren; sei dies vor Behörden oder Gerichten. Auch Opfer, die später dem Kindesalter entwachsen sind, sollten so geschützt werden, wie jugendliche Missbrauchsopfer, die vor Gericht oder Behörden gezogen werden.

Für Glasbrechen, den 1. März 2011

Der Vorstand

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